Februar 11, 2023

Heinrich August Leopold Jacobi – Pastor und Wohltäter der Armen

Heinrich August Leopold Jacobi wurde am 11. November 1801 in Osterode am Harz geboren. Von 1827 bis 1834 war er als Hauslehrer beim Oberamtmann Schmidt in Schulenburg tätig. Nach seiner Ordination als Pastor zu Lemförde am 23. April 1834 heiratete er am 19. Mai 1834 in Celle Christine Sophie Louise Wilhelmine Sparkuhle, eine Tochter des Pastors Julius Christian Friedrich Sparkuhle in Lemke. Aus der Ehe gingen zwischen 1835 und 1849 drei Jungen und zwei Mädchen hervor.

Heinrich August Leopold Jacobi 1801-1878 (Skizze: F. Weber)

Am 1. Juni 1834 wurde er als Pastor in Lemförde eingeführt. Er trat damit die Nachfolge des Pastors Christian Gunther Linzel an, der am 30. April d. J. seine Abschiedspredigt gehalten und sich nach langer Krankheit und einer 8-jährigen Amtszeit im Flecken nach Tribkau hatte versetzen lassen.

Zu seiner Antrittspredigt in Anwesenheit des Superintendenten Dille war die Kirche überfüllt. Die Gemeinde lauschte andächtig den Worten des neuen Pastors, der "ohne sehr merklichen Gebrauch des Konzepts mit guter Stimme" über das Sonntagsevangelium sprach. Die Zeit seiner Amtsführung in Lemförde sollte sich als Zeit des Friedens erweisen. Demütig und bescheiden in seinem Auftreten, gewissenhaft, pflichtbewusst und umsichtig, besaß er die seltene Gabe, mit den Gläubigen umzugehen und dabei stets die Würde des Amts zu wahren. Insbesondere die Jahre 1846 und 1847, die durch die letzte große Hungersnot der vorindustriellen Zeit geprägt waren, stellten eine große Herausforderung an sein Amt.

Lemförder Pfarrhaus (Skizze: F. Weber)

Missernten, die  sowohl auf die schlechte Witterung als auch auf das Auftreten einer Pflanzenkrankheit, der Kartoffelfäule, zurückgeführt wurden, trafen die Bevölkerung  hart.  Im Zusammenspiel von einem knappen Nahrungsangebot und der Ausfuhr von Nahrungsmitteln in zahlungskräftigere Gebiete stellten sich Teuerungen ein. Zudem fanden besonders einfache Handwerker und Tagelöhner keine Anstellung, um ihr Auskommen zu sichern. Viele Familien waren so nicht mehr in der Lage sich mit Roggen und Kartoffeln einzudecken. Getrieben durch Hunger sahen sie sich gezwungen, auf Ersatznahrungsmittel wie  Viehfutter oder Queckenwurzeln  zurückzugreifen. Aus der Not heraus stahlen die Hungernden nachts Saatkartoffeln von den Äckern oder begannen zu betteln.

Kirche, Schul- und Rathaus in Lemförde (Bild: F. Weber)

Pastor Jacobi gelang es, das Armenwesen "derartig zu organisieren, daß nicht bloß die Lemförder Armen in jeder Beziehung wohl versorgt wurden, sondern auch die Armen in Quernheim, Brockum, Marl. Täglich wurden in jener Zeit 130 Portionen "Rumford'sche Suppe" ausgegeben, und zwar in der Weise, daß jede Portion zu 4 Pf. berechnet und von dem Empfänger ganz oder teilweise bezahlt, oder auf Kosten der betr. Armenkasse umsonst gegeben wurde".

Ausgeteilte Suppen in Quernheim vom 19.-25.04.1847

Nach dem Hungerjahr 1847 blieb das Armenwesen in Lemförde und Quernheim "vortrefflich geordnet, und glücklich preisen sich diejenigen Armen, die "auf der Lemförder Armenkasse waren". Am 2. Januar 1851 wurden die bisherigen Vereinbarungen zwischen der Kirchengemeinde und den Kommunen Quernheim und Lemförde zur Führung einer gemeinsamen Armenkasse vertraglich neu geregelt. 1854 wurde eine Armenspeiseanstalt errichtet. Das Kochen der Speisen fand im Haus Fischer o. Kolthoff in Lemförde statt. Wer an der Speisung teilnehmen wollte, konnte sich beim Amtsgehülfen Varrelmann auf dem Amtshaus in eine Liste eintragen lassen. Zur finanziellen Unterstützung der Armenspeiseanstalt wurden Haussammlungen in Quernheim und im Flecken durchgeführt.

1866 erkrankte Pastor Jacobi am Nervenfieber, wegen des dabei auftretenden Ausschlags auch Fleckfieber oder Flecktyphus genannt.  Dies beeinträchtigte die Wahrnehmung seines Amtes so sehr, dass ihm seit 1871 Pfarrkollaboratoren zur Seite gestellt wurden. Am 19. August 1878 verstarb Pastor Heinrich August Leopold Jacobi nach 44-jähriger Amtszeit, betrauert von der ganzen Gemeinde, im Alter von 77 Jahren.