Februar 28, 2023

Postscheine und Stempel geben Einblick in die Lemförder Postgeschichte in hannoverscher Zeit

Ein geheimnisvoller Zauber umgibt alte Briefe und Postsachen. Noch Mitte des 20. Jahrhunderts war die Zahl derer groß, die am Sammeln von Postsachen, insbesondere von Briefmarken, Postscheinen und Stempeln, ihre Freude hatten und viel Geld für den Erwerb von Exponaten ausgaben. Heute sind viele Sammlungen wertlos geworden, verstauben in den Regalen oder landen in der Mülltonne. Dabei bilden alte Briefe und Postscheine eine Fundgrube für den Forscher, der einen Einblick in die Postgeschichte der Region gewinnen möchte.

Die regionale Postgeschichte ist zwar nicht mein Spezialgebiet, aber dennoch finde ich es höchst interessant, einen Blick auf die im Samtgemeindearchiv Lemförde lagernden alten Belege zu werfen, denn die Postscheine und Stempel sind innerhalb der Postgeschichte irgendwie wie das Brot bei den Nahrungsmitteln. Sie sind allgegenwärtig und in großer Vielfalt vorhanden, entfalten jedoch erst durch die Beschreibung und die Einordnung in die postgeschichtlichen Zusammenhänge ihr Potenzial.

Postscheine sind vorgedruckte amtliche Formulare, auf denen der Postbeamte mit seiner Unterschrift die Einlieferung eines eingeschriebenen Briefes, eines Wertbriefes oder eines Pakets dem Aufgeber bescheinigte, damit dieser im Falle eines Verlustes Ersatzansprüche geltend machen konnte. Der älteste im Samtgemeindearchiv vorhandene Postschein wurde am 28. November 1821 durch das Königl. Großbrit. Hannöversche Postamt Lemförde ausgestellt, das zu diesem Zeitpunkt bereits auf eine 30-jährige Geschichte zurückblickte.

Gebäude der Lemförder Postexpedition an der Hauptstraße

Am 3. Juli 1791 eröffnete das Königlich Großbritannisch und Churfürstlich Braunschweig-Lüneburgische General-Post-Direktorium in Hannover die Postroute Hannover-Osnabrück. Wenige Tage später, am 13. Juli 1791, wurde an dieser neuen Ost-West-Verbindung im Flecken Lemförde ein Relais mit Postexpedition eingerichtet und am 17.10.1791 der Lemförder Freisasse Ludwig Wilhelm Sommer als Postverwalter eingesetzt. Zu dieser Zeit wurden die Briefe nur von Hand beschrieben und versiegelt. Ein Handstempel war noch nicht in Gebrauch.

Mit der Neuordnung des Postwesens unter französischer Herrschaft wurde am 1. März 1810 die Lemförder Postexpedition der Königlich Westfälischen Postanstalt im Departement Aller angegliedert. Diese hatte ein gut funktionierendes Postsystem nach französischem Vorbild. So wurde die flächendeckende Benutzung von Ortsaufgabestempeln eingeführt. Allerdings sind für die Postexpedition Lemförde aus der Besatzungszeit keine Poststempel bekannt.

Die französische Besetzung endete 1813. Am 3. November 1813 wurde das Kurfürstentum Hannover wieder hergestellt und 1814 zum Königreich Hannover erhoben. Am 5. Februar 1814 wurde die Postexpedition Lemförde dem Postamt Osnabrück unterstellt. Die Briefe jener Zeit waren gefaltete Papierbogen, die durch ein Siegel verschlossen wurden. Vereinzelt wurden auch gesonderte Umschläge verwendet. Seit 1814 finden sich die ersten Poststempel. Verwendung fand ein Handstempel als Aufgabe- und Tagesstempel mit dem Schriftzug LEMFORDE der Schriftart Antiqua mit schwarzer Stempelfarbe auf Ölbasis. Der Schriftzug in der Größe 41mm x 5mm bestand nur aus einer Textzeile auf einer Linie und war bis zum 30.12.1818 in Gebrauch.

Postschein vom 28.11.1821

Der auf dem Lemförder Postamt am 28. November 1821 ausgestellte Postschein war ein Vordruck, auf dem der Postmeister handschriftlich seine Einträge vornahm. Er bescheinigte die Aufgabe eines Wertbriefs, in dem 21 Thaler, 19 Groschen und 10 Pfennige enthalten waren. Die Scheingebühr betrug 5 Groschen und 6 Pfennig. Adressiert war der Postschein an eine Adresse in Celle. Ein Aufgabestempel fehlt, obwohl Handstempel zu diesem Zeitpunkt auf dem Postamt in Lemförde bereits benutzt wurden. Der Postschein trägt die Unterschrift des Postverwalters Johann Georg Ludwig Spellerberg, der am 1. Oktober 1816 seinen Dienst in Lemförde angetreten hatte.

Postschein vom 27.01.1831

Er war es auch, der den Postschein vom 27. Januar 1831 ausfüllte und unterschrieb, mit dem ein Wertbrief über 5 Thaler aufgegeben worden war. Die Scheingebühr betrug 5 Gutegroschen 6 Pfennig. Adressiert war er an das Oberlandesgericht in Paderborn. In der Form ähnelt der Postschein dem von 1821. Auch auf ihm war der Aufgabeort nicht gestempelt, sondern handschriftlich vermerkt. Er war einer der letzten Postscheine seiner Art, denn ab dem 1. Mai 1832 wurden alle bisherigen Postscheine eingezogen und durften nicht mehr verwendet werden.

Aufgabe-Schein vom 29.11.1832

Ersetzt wurde der Postschein durch einen rötlichen Aufgabe-Schein der Königlichen Post-Administration. Mit dem Aufgabe-Schein Nr. 13 b vom 29. November 1832 quittierte Postverwalter Spellerberg den Empfang eines Wertbriefs über 18 Thaler 23 Gutegroschen 3 Pfennig zur Beförderung an das Stadtgericht in Rahden. Er trägt den 34mm x 4.50mm großen schwarzen, einzeiligen Poststempel LEMFOERDE der Schriftart Antiqua, der auf dem Postamt Lemförde von 1821-1833 verwendet wurde.

Aufgabe-Schein vom 24.04.1842

Mit dem Tode Wilhelms IV. von Großbritannien endete 1837 die Personalunion des Königreiches Hannover mit Großbritannien. Hannover wurde selbstständiges Königreich. Dies erforderte eine Änderung des Vordrucks. Der Zusatz Großbr. entfiel. Die Hoheitsbezeichnung lautete nun Königl. Hannov. Postspedition. Dies zeigt der Aufgabe-Schein vom 24. April 1842 für einen Wertbrief zur Beförderung nach Elze, der mit einem 40mm x 3.50mm großen, einzeiligen Handstempel der Schriftart Antiqua in schwarz und dem Schriftzug LEMFOERDE versehen ist. Aussteller war Carl Spellerberg, der mittlerweile seinen Vater als Postverwalter abgelöst hatte.

Aufgabe-Scheine 1831 mit blauem und schwarzem Handstempel

Am 1. Juli 1850 änderte sich der Aufgabe-Schein in der Farbe. Die rötlichen Scheine wurden außer Kurs gesetzt und durch gelbe ersetzt, die von nun an für alle Sendungen, ob frankiert oder nicht, mit und ohne Wertangabe, verwendet wurden. Das Scheingeld von 6 Pfennigen war immer vom Absender zu bezahlen. 1851 wurde der Ortsname LEMFOERDE auf den gelben Aufgabe-Scheinen sowohl schwarz als auch blau gestempelt. Die gelben Aufgabe-Scheine wurden jedoch bereits zum 1. Januar 1853 außer Kurs gesetzt und es wurden bis zum 30. März 1860 wieder die rötlichen benutzt. Das musste wieder derjenige bezahlen, der auch die Gebühren trug.

Nicht unerwähnt soll bleiben, dass Hannover zum 30. November 1850 Postwertzeichen eingeführt hatte, vorerst in der Gute-Groschen-Währung für das Inland und zum 20. Juni 1851 auch in der Silbergroschen-Währung für den Postverein, dessen Mitglied es zum 1. Juni 1851 géworden war. Die erste, unter Generalpostdirektor v. Rudloff herausgegebene Briefmarke zeigt in einem Schild den Wert der Marke, dazu das königliche Wappen und die Inschrift "Franco" und Hannover".

1856 wurde der Lemförder Postverwalter Carl Spellerberg der Amtsführung enthoben. Zum Nachfolger wurde Franz Heinrich Wilhelm Meyrose ernannt.

Post-Einlieferungsschein 1870

Nach der Schlacht von Langensalza endete die Selbstständigkeit des Königreichs Hannover. Es wurde 1866 als Provinz Hannover dem Königreich Preußen einverleibt. Mit dem 30. September 1866 wurde der Verkauf von hannoverschen Postwertzeichen eingestellt und der Aufgabe-Schein wurde durch den Posteinlieferungsschein abgelöst.